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Weiterbildung und Qualifizierung in der Transformation

09.11.2023 | Nachdem beim letzten Treffen die ökologische Wärmewende im Vordergrund stand, diskutierten Metaller*innen und Aktivist*innen von Students for Future sowie weitere Interessierte am Mittwoch Abend Fragen rund um Qualifizierung und Weiterbildung in der Transformation.

Foto: Laura Hüther (d&d)

Kai Brand, Betriebsrat bei Volkswagen Group Components in Braunschweig betonte die besondere Verantwortung der Mitbestimmungsakteure in diesen Fragen. Vor dem Hintergrund des Wandels im Produktportfolio des Volkswagen-Standorts Braunschweig verdeutlichte Brand die Herausforderungen: neue Produkte verlangen neue Kenntnisse und Qualifikationen. Hier musste Volkswagen reagieren und hat neue Qualifizierungsprogramme aufgelegt. Dabei sind Betriebsrät*innen besonders gefordert. Denn gelingen kann eine Transformation nur, wenn man die Beschäftigten mitnimmt, Ängste abbaut und individuell passende Angebote macht. Es sei bei weitem nicht so, dass Weiterbildung immer als positive Veränderung wahrgenommen würde. Für viele Beschäftigte sei es schwierig, neue Sachen zu erlernen oder sich auf ein neues Umfeld einzulassen. "Wir als Interessenvertreter*innen nehmen aufgrund unserer guten Kenntnisse der Arbeitsabläufe und der Potenziale der Beschäftigten eine wichtige Rolle beim Thema Weiterbildung ein."

Dem schließt sich auch Garnet Alps, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Braunschweig an. Die IG Metall hat den Anspruch, dass technischer Fortschritt auch sozialer Fortschritt wird. „Wir wollen eine soziale, ökologische und demokratische Transformation, damit die Gesellschaft von Morgen gerechter, selbstbestimmter und solidarischer ist. Dafür benötigt es unter anderem mehr Mitbestimmung, d.h. auch mehr Betriebe mit Tarifvertrag. Und es braucht einen Staat, der die Transformation vorausschauend und langfristig mit Weiterbildung fördert und für diese eine ausreichende Finanzierung bereitstellt.“ Es gebe zwar schon Angebote im Bildungsurlaubsbereich, doch nicht allen seien diese zugänglich. Während in großen mitbestimmten Unternehmen der Bildungsurlaub von den Kolleg*innen regelmäßig in Anspruch genommen werde, sei dies den Beschäftigten in klein- und mittelständischen Unternehmen oder in Handwerksbetrieben nicht so selbstverständlich möglich.

Kai-Martin Winter aus der IG Metall Geschäftsstelle Braunschweig betont daneben, dass tarifgebundene Arbeitgeber bessere Bedingungen für Weiterqualifizierung bieten. Vor dem Hintergrund von Beschäftigungssicherung oder anderen betrieblichen Regelungen haben es Kolleg*innen in mitbestimmten Unternehmen einfacher, Qualifizierungsansprüche und -wünsche umzusetzen. Daher bleibe es eine zentrale Aufgabe für die IG Metall, weitere Betriebe tariflich zu erschließen. Obgleich er betont: "Auch wenn die Weiterbildungsansprüche tariflich vereinbart sind, müssen wir weiterhin deren Umsetzung einfordern. Das passiert nicht automatisch."

Richard Krücke und Lukas Meuer von Students for Future, sind sich in der Analyse bezüglich der Transformation mit der IG Metall einig: Diese muss auch sozial gestaltet werden. Auch der demografische Wandel verstärkt dabei den Fachkräftemangel für klimagerechte, innovative Produkte. Weiterbildung spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie setzen sich dafür ein, dass gute Rahmenbedingungen dafür entstehen. Ein Ansatz könnte sein, dass ein Teil des Unternehmensumsatzes verpflichtend für Qualifizierung und Transformation genutzt wird.

In der Diskussion wurden ebenso Forderungen an die Politik gestellt. Mit dem im Juli verabschiedeten Weiterbildungsgesetz ist man auf einem guten Weg. Das darin vorgesehene Qualifizierungsgeld sichert von Arbeitslosigkeit bedrohte Beschäftigte durch einen teilweisen Lohnersatz finanziell ab, während diese sich für einen zukunftssicheren Arbeitsplatz im selben Betrieb weiterbilden. In der Diskussion wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Faktor Zeit enorm wichtig ist. Weiterbildungsanforderungen müssen auch in die individuelle Lebenssituation passen. Hierfür sollen entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Es steht außer Frage, Tätigkeiten haben sich schon immer verändert und werden sich weiter wandeln. Ausbildung, Qualifizierung, Weiterbildung und berufliche Neuorientierung sind deshalb zentrale Handlungsfelder für Gewerkschaften, Mitbestimmungsakteure und Politik. Vor allem letztere ist aufgefordert, mit guten Rahmenbedingungen Beschäftigte in ihrer Bildungsbiografie zu unterstützen.

Für alle Interessierten: die vierteilige WLP-Veranstaltungsreihe „Die Gestaltung einer nachhaltigen Industrie“ findet Anfang nächstes Jahr ihren vorläufigen Abschluss. Hier blicken wir auf die letzten drei Veranstaltungen zurück und diskutieren, wie die gemeinsam erarbeiteten Punkte in der Praxis gebracht werden können. Den genauen Termin veröffentlichen wir zeitnah auf unseren Kanälen.

Weitere Work-Life-Progress Veranstaltungen zu spannenden Themen aus der neuen Arbeitswelt  werden weiterhin in den nächsten Jahren angeboten.

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