Diskussion im Gewerkschaftshaus

Psychotherapeut Berger: "Die Burnout-Gefahr wächst"

27.03.2012 | Peter Berger, Spezialist für die Behandlung von arbeitsbedingten Stresserkrankungen, begann heute im Gewerkschaus seinen Vortrag mit einer provokanten Frage. Handelt es sich beim Phänomen des Burnout nur um eine Modediagnose oder aber um die Spitze eines Eisberges? Berger antworte mit einem "Sowohl als auch".

Psychotherapeut Peter Berger: "Es gibt auf kollektiver betrieblicher Ebene vielfältige Möglichkeiten dem Schreckgespenst 'Burnout' entgegenzutreten"

Gastgeber Detlef Kunkel im Gespräch mit Peter Berger

"Manchmal kann man sich in der therapeutischen Praxis des Eindruckes nicht erwehren, als solle die Selbstdiagnose "Burnout" eher etwas zudecken denn aufdecken", erklärte Berger.


Trotzdem sei das Problem zunehmender psychischer Belastungen vollkommen  unstrittig: "Untersuchungen aller gesetzlichen Krankenkassen zeigen, dass in den letzten Jahren depressive Erschöpfungssyndrome, und dazu gehört auch das Burnout-Syndrom, stark zugenommen haben." Und: "Alle in der therapeutischen Versorgung Tätigen beobachten über die letzten Jahre eine deutliche Zunahme der psychischen Leiden in der Bevölkerung."

 

Ursache von Burnout sei eine Kombination von arbeitsweltlichen, persönlichen und gesellschaftlichen Faktoren. Berger hob besonders die Veränderungen in der Arbeitswelt als Hintergrund der Belastungen hervor: "Ständige Umstrukturierungen, Leistungsverdichtungen, Unsicherheiten, Veränderungen der betrieblichen Sozialordnungen und eine Kultur ständiger Bewährung bei gleichzeitig unklaren Unternehmensstrategien" machten die Menschen krank.

 

Berger weiter: "Die eigene Leistungsfähigkeit muss immer wieder neu bewiesen werden zur Rechtfertigung der Zugehörigkeit zum Unternehmen. Permanente Reorganisationen und Umstrukturierungen gefährden jedoch dauerhaften Bindungen zu Kollegen. Gerade diese Bindungen, die Kollegialität und Solidarität, sind eine der wichtigsten Ressourcen zum Schutz der eigenen Gesundheit in der Arbeitswelt."

 

Der Psychologe kritisiert, dass seelische Erkrankungen, Depressionen und Ängste nach wie vor insbesondere in den Betrieben tabuisiert und verleugnet werden. Hier könnten Betriebsräte wichtige Dienste leisten, indem sie deutlich machen, "dass  es kein persönliches Versagen ist, unter den aktuellen Arbeitsbedingungen auszubrennen, sich hilflos und depressiv zu erleben."

 

Berger gab anwesenden Betriebsräten Tipps für die Erkennung und den Umgang mit Burnout-Erkrankungen. Der Betriebsrat ist keine therapeutische Einrichtung, aber er hat beispielsweise im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes Möglichkeiten, Aktivitäten zur Burnoutprävention im Betrieb zu entwickeln.

 

Auch die IG Metall bietet umfassende Materialien zur Unterstützung von Betriebsräten beim Gesundheits- und Arbeitsschutz.

 

Die spannende Diskussionsveranstaltung war Auftakt einer längeren Reihe von Vortrags- und Schulungsveranstaltungen der IG Metall Braunschweig zum Themenfeld psychische Belastungen in der Arbeitswelt und betriebliche Gegenstrategien.

 

Unten unter "Dateien" zum Download:

  • Vortragsmanusskript von Peter Berger: "Burnout als wachsende Gefahr im betrieblichen Alltag", Braunschweig, 27.03.2012
  • IG Metall-Handlungshilfe: "Ausgebrannt - Betriebsräte als Lotsen für Burnout-Betroffene

Von: mm/dud

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