Geschichtsarbeit der IG Metall Braunschweig

Die Wurzeln von Demokratie in Betrieb und Gesellschaft - oder: Was war eigentlich vor den Nazis?

17.06.2008 | Aus der Geschichte zu lernen, ist das Leitmotiv einer Veranstaltungsreihe der IG Metall Braunschweig. Im Rahmen einer Delegiertenversammlung haben sich die Gewerkschafter diesmal mit der Vorgeschichte der nationalsozialistischen Machtergreifung beschäftigt. In diesem Jahr jähren sich die Novemberrevolution von 1918 zum 90. und der Beginn der Naziherrschaft von 1933 zum 75. Mal. Als Referent stand der Historiker Peter Scherer, ehemaliger Leiter der Zentralbibliothek beim IG Metall-Vorstand, zur Verfügung.

Peter Scherer fesselte die Delegierten mit einem lehrreichen Rückblick auf die Novemberrevolution 1918

Detlef Kunkel

In seinem öffentlichen Vortrag beschrieb Scherer eindrücklich die Situation im November 1918, als sich aufständische Arbeiter und Matrosen erfolgreich gegen den Krieg auflehnten.  In der Folge der Revolution konnten wesentliche gesellschaftliche Veränderungen durchgesetzt werden, so wurde das preußische Dreiklassenwahlrecht beseitigt, das Wahlrecht für Frauen eingeführt, die Tarifvertragsordnung verankert und der 8-Stunden-Regelarbeitstag festgeschrieben. Niemals mehr sei die die organisierte Arbeiterbewegung so durchsetzungsmächtig gewesen. Dies rief, so Scherer, sogleich auch die reaktionären Gegenkräfte auf den Plan, die 1920 einen Putschversuch unternahmen. Doch: "Die Gewerkschaften waren nicht nur mächtig an Mitgliedern gewachsen, sondern hatten auch aus der Geschichte gelernt. Mit einem Generalstreik konnte der Umsturz verhindert werden."
 
"Die Geschichte der Arbeiterbewegung ist eine große Anstrengung zur Durchsetzung von Gerechtigkeit", formulierte Scherer. Der Faschismus, der 1933 in Deutschland obsiegte, habe als zentralen Feind die Arbeiterbewegung gehabt. Darum sei das Datum der Progromnacht gegen die Juden 1938 bewusst auf den 9. November gelegt worden. Die Erinnerung an die Revolution 20 Jahre zuvor sollte damit ausgelöscht werden.
 
In der intensiven Diskussion nach Scherers Vortrag zogen viele Redner Parallelen zu heutigen Entwicklungen der Remilitarisierung der Politik, der Beschneidung von Arbeitnehmerrechten und demokratiegefährdenden Tendenzen. Einhellig wurde die Meinung vertreten, dass dem Vergessen der Geschichte Arbeiterbewegung entgegengewirkt werden muss. Vertreter des DGB kündigten eine weitere Geschichtsreihe zum Thema "Novemberrevolution 1918" an.

 

Geschäftsbericht

 

In seinem Geschäftbericht vor den Delegierten ging Detlef Kunkel, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Braunschweig, auf die beiden zentralen Kampagnenthemen der IG Metall ein: Leiharbeit und Altersteilzeit.
 
Um die Fortführung einer Altersteilzeitregelung über das Jahr 2009 hinaus zu erwirken, macht die IG Metall derzeit Druck auf Politik und Unternehmen. Mit bundesweiten Warnstreiks, in der Region unter anderem bei MKN und Zollern BHW, sollen die Arbeitgeber zu einer tariflichen Regelung gezwungen werden. Kunkel: "Wir brauchen die neue Altersteilzeit, wir brauchen sie jetzt und für möglichst viele". Die SPD habe, so Kunkel, inzwischen bei diesem Thema einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Nun komme es darauf an, die Arbeitgegeber noch vor der Sommerpause zu einem Einlenken zu bewegen. Ansonsten werde diese Auseinandersetzung zwangsläufig in die kommende Tarifrunde im Herbst hineingezogen.
 
Nach einem Beschluss des Gewerkschaftstages betreibt die IG Metall in diesem Jahr eine bundesweite Kampagne zur Leiharbeit. "Das Ziel der Kampagne ist, die Problematik der ausufernden Leiharbeit systematisch in die Betriebe und die Öffentlichkeit zu bringen." Unter dem Motto "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" wird am 23. Juni ein Info-Truck der IG Metall vor dem ECE postiert werden. Dort werden Gewerkschafter und Betriebsräte den ganzen Tag für die Regulierung von Leiharbeitverhältnissen mittels Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und gesetzlichen Regelungen werben.
 
Weitere Themen des Geschäftsberichts von Kunkel waren der Kampf um den Erhalt des VW-Gesetzes, die Tarifauseinandersetzung im Kfz-Handwerk und das 10-jährige Bestehen des IG Metall-Kreativclubs in Braunschweig. Außerdem stellte Kunkel die Leitlinie des neuen Ortsvorstandes unter dem Motto "Gute Arbeit" vor.

Von: mm/dud

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