DGB-Neujahrsempfang im Gewerkschaftshaus

verdi-Experte Schlecht: "Die Profiteure zur Kasse bitten"

04.02.2009 | Beim Neujahrsempfang des DGB im Braunschweiger Gewerkschaftshaus griff der Chefpolitökonom von ver.di, Michael Schlecht, die seines Erachtens unzureichende und unangemessene Reaktion der Bundesregierung auf die Wirtschafts- und Finanzkrise scharf an.

ver.di-Politökonom Michael Schlecht

DGB-Regionsvorsitzender Achim Barchmann

Zahlreiche Gäste konnten die Gewerkschaften beim Neujahrsempfang begrüßen

Zunächst begrüßte DGB-Regionsvorsitzender Achim Barchmann die zahlreichen Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Barchmann dankte insbesondere den vielen engagierten Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, "ohne deren Einsatz das bundesdeutsche Modell der Mitbestimmung, um das uns auch das Ausland beneidet, nicht möglich geworden wäre".

 

Michael Schlecht begann seine Rede mit der Frage, warum im öffentlichen Diskurs überhaupt nicht thematisiert werde, dass die Verursacher der Krise für die Folgen ihres Tuns haften sollen. Er gehe davon aus, "dass nach der Bundestagswahl die Bürgerinnen und Bürger zur Kasse gebeten werden". Dann drohe im Zeichen der derzeitigen Politik auch massiver Sozialabbau, quasi eine "Agenda 2020".

 

Der entscheidende Fehler der Regierung bestehe darin, mit einem viel zu schwachen, kurzfristigen Konjunkturprogramm auf eine "fundamentale strukturelle Wirtschaftskrise" reagieren zu wollen. Die eigentliche Ursache dieser tiefgreifenden Krise sei vor allem in der schwachen Binnennachfrage zu sehen, welche "zum ersten Mal in der Nachkriegszeit in einer Aufschwungphase nicht gestiegen ist". Die damit in Zusammenhang stehende Umverteilung von Unten nach Oben, die schon seit 20 bis 30 Jahren anhalte, sei auch ein wesentlicher Hintergrund für die unheilvolle "Befeuerung des Casinos" auf den Finanzmärkten.

 

Statt eines kurzfristigen Konjunkturprogramms fodert ver.di daher ein mit jährlich 50 Milliarden Euro ausgestattestes "Zukunftsinvestitionsprogramm", das gezielt zur Stärkung der Kommunen und zur Förderung von Erziehung und Bildung eingesetzt werden soll. Finanziert werden soll dieses Programm mittels einer Erhöhung der Steuereinnahmen durch verstärkte Heranziehung hoher Einkommen für Zukunftsaufgaben. Unter anderem setzt sich ver.di für die Wiedereinführung der Vermögungssteuer ein. Zum Schluß rief Schlecht die Gewerschaften dazu auf, mit neuer Kraft für höhere Löhne zu kämpfen, denn nur durch eine langfristige Steigerung der Konsumnachfrage könne die Strukturkrise überwunden werden.

 

Die Veranstaltung wurde musikalisch von Andy Bermig und lyrisch vom Braunschweiger Dichter Thorsten Stelzner begleitet.

 

Von: mm/dud

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