Michael Cordes, neuer Gewerkschaftssekretär, im Interview

02.04.2013 | Michael Cordes, 45, ist ab 1. April IG Metall Gewerkschaftssekretär in Braunschweig. Bis Ende November des letzten Jahres war er Betriebsratsvorsitzender bei Flammenfilter. Im Interview gibt er einen Einblick, wie er arbeiten möchte und was ihn geprägt hat. Seine Aufgabengebiete werden unter anderem Handwerk, Betriebsbetreuung und Arbeitsschutz sein.

Michael Cordes

Hallo Michael, wie ging es dir an deinen letzten Tagen bei Flammenfilter?

 

Gut, das war ein toller Job. Ich habe bei Flammenfilter Dreher gelernt und bin dann später in die Qualitätssicherung gewechselt. 28 Jahre war ich im Betrieb, da lernt man einiges für's Leben. Die letzten 14 Jahre war ich Betriebsratsvorsitzender. Natürlich ist es dann nicht so leicht mit dem Abschied.
Ich glaube, diese Erfahrungen gemacht zu haben ist gut für den Job als Gewerkschaftssekretär und für die Verwaltungsstelle. Ich freue mich sehr, dass die IG Metall Braunschweig  es mit mir als "Quereinsteiger" versuchen will.

Wie bist du denn in den Betriebsrat gekommen?

 

Damals, 1998, gab es einen massiven Konflikt. Die Firma ließ unbezahlt Mehrarbeit machen. Der Samstag war Pflicht. Klar ging die Arbeitszeit auf ein Flex-Konto, aber da hatte niemand wirklich Zugriff drauf, nur die Firma. Der damalige  Betriebsrat hatte sein Zustimmungsverweigerungsrecht in einer Betriebsvereinbarung abgetreten. Wir Beschäftigten wollten das aber nicht und haben mit der IG Metall die unbezahlte Mehrarbeit beendet. Es gab einen Konflikt und wir haben ihn gemeinsam erfolgreich gelöst. Das war eine wichtige Erfahrung – wir können zusammen was verändern und gestalten. Später kamen dann noch weitere Konflikte: das Lohnsystem, die Leiharbeit...

 

In meiner Anfangszeit als BR-Mitglied war das Klima zwischen dem neuen Betriebsrat und der Geschäftsleitung sehr angespannt und es gab böse Auseinandersetzungen weil wir nicht "pflegeleicht" waren und die Anträge des Arbeitgebers "abnickten" sondern eigene Vorstellungen hatten und auch durchsetzen wollten. Aber mit der Zeit wuchs der Respekt der Geschäftsleitung uns gegenüber und es entwickelte sich eine vernünftige Art miteinander umzugehen – so wie es auch sein soll.

 

Was sind denn deine Aufgabenfelder, wenn du jetzt als Gewerkschaftssekretär anfängst? Wo willst du dich besonders engagieren?

 

KFZ-Handwerk wird ein Aufgabengebiet, und Betriebe aus der Metallindustrie werde ich betreuen. Da kenne ich auch schon sehr viele Kolleginnen und Kollegen, das finde ich sehr schön und freue mich darauf. Außerdem werde ich mich um den Arbeits- und Gesundheitsschutz kümmern. Das war schon bei Flammenfilter mein Thema. Als Betriebsrat war ich nicht freigestellt. Mein Job umfasste die Qualitätssicherung, Umweltschutz, Arbeits- und Gesundheitsschutz, den Umgang mit der Berufsgenossenschaft...

 

Besonders engagieren würde ich mich gerne bei der Leiharbeit. Bei Flammenfilter haben wir Leiharbeitern gezeigt: wir kümmern uns als Betriebsrat und als Gewerkschaft. Sie konnten wir auch durch unser Engagement für   die IG Metall gewinnen. Wir haben eine gute betriebliche Vereinbarung zu "Equal-pay" aushandeln können und Sie sind in die IG Metall eingetreten sogar bevor wir unsere Vereinbarung ausgehandelt haben. Alle Leiharbeiter haben die vollen Leistungen des Tarifvertrags bekommen, allerdings nur arbeitsvertraglich vereinbart. Es zeigte sich dann, was sich immer zeigt: arbeitsvertragliche Regelungen können zurückgenommen werden. Einzelne lassen sich immer unter Druck setzen – das ist das Schwierige. Man muss so etwas tarifvertraglich regeln, wie es die IG Metall in der letzten Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie ja auch getan hat. Dann ist es sicherer – gerade  für den Einzelnen!

 

Wir konnten die Beschäftigtenstruktur im Unternehmen deutlich verbessern. Wir waren 185 Festangestellte und 45 Leiharbeiter, mittlerweile sind wir 240 Festangestellte und nur noch 15 Leiharbeiter. Die IG Metall ist bei Flammenfilter stärker geworden, viele sind übernommen worden, und der Firma geht es besser. Eine starke Gewerkschaft und ein starker Betriebsrat sind auch gut für die Firma.

 

Ein bisschen allgemeiner: Was hältst du für die vordringlichen Aufgaben der IG Metall? Die Anzahl der Mitglieder steigt, die Kampfkraft auch. Wie klappt das? Du hast bei Flammenfilter ja auch einiges erreicht...

 

Die Gewerkschaft muss schnell da sein. Betriebliche Konflikte treten häufig von jetzt auf gleich auf, die  man in der Regel nicht zwei Wochen im Voraus absehen  schon gar nicht in einem kleinen Betrieb. Da kommt die Geschäftsleitung mit einem Thema um die Ecke – und da muss man reagieren als Betriebsrat. Als Gewerkschaftssekretär muss man da auch schnell handeln. Sobald die Konflikte auftreten, muss man sie annehmen und organisiert angehen. Und man muss gut kommunizieren, das Wissen weitergeben. Man muss es gezielt weitergeben, dahin, wo es gebraucht wird. Und man muss die Belegschaft hinter sich haben. Ohne die richtige Stimmung und Unterstützung in der Belegschaft ist ein Betriebsrat und auch die IG Metall auch nicht gut handlungsfähig. Die IG Metall braucht kompetente und starke Betriebsräte um gute Arbeit im Betrieb zu machen, oder mobilisieren zu können wenn's mal nicht nur mit Verhandeln geht. Bei Flammenfilter haben wir es genauso gemacht. Der Organisationsgrad ist jetzt viel höher als früher und wir haben konkrete Erfolge, zum Beispiel mit den vielen Übernahmen von Leiharbeitern.

Du warst die letzten Jahre im Ortsvorstand der IG Metall Braunschweig. Damit ist nun Schluss. Gibt es etwas, was du deinem Nachfolger/deiner Nachfolgerin mit auf den Weg geben willst?

 

Nein, ich als Gewerkschaftssekretär werde einem Ortsvorstand-Mitglied keine Ratschläge geben wie Er oder Sie ihre Arbeit zu machen hat. Das wissen die gewählten Kolleginnen und Kollegen schon selber. Schließlich sind es erfahrene IG MetallerInnen die sich in vielen Themen gut auskennen und auch Konflikte erfolgreich gelöst haben. Wenn meine Meinung gefragt ist bringe ich sie ein – ansonsten sind sie das Gremium, das die Richtung in der Verwaltungsstelle angibt – das soll auch so sein.  Es hat viel Spaß gemacht in der Vergangenheit mit zu arbeiten und war mir eine große Ehre. Ich komme aus einem kleinen Betrieb, 240, 250 Beschäftigte und als ich dann gefragt wurde ob ich meine Erfahrungen als Hauptamtlicher in die Organisation einbringen will, hat es mich sehr gefreut. Mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin wird es genauso gut machen wie ich oder vielleicht sogar noch besser – aber eben auf Ihre bzw. Seine Art.

Das macht eben unsere IG Metall aus – wir bestehen aus vielen unterschiedlichen Menschen mit vielen Talenten, Erfahrungen, Fähigkeiten die aber ein gemeinsames Ziel leidenschaftlich verfolgen: Arbeit sicher und fair – gemeinsam für ein gutes Leben!

Von: cb/dud

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