Leiharbeit fair gestalten

IG Metall Braunschweig fordert "Gleiche Arbeit - Gleiches Geld!"

23.06.2008 | Der Info-Truck der IG Metall-Kampagne zu Leiharbeit macht Station in Braunschweig. "Die Entwicklung bei der Leiharbeit ist bedenklich", meint Detlef Kunkel, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Braunschweig. Bundesweit sind fast eine Million Menschen von Leiharbeit betroffen, davon allein 260.000 in der Metall- und Elektroindustrie.

Detlef Kunkel, Eva Stassek und Michael Cordes informierten über die Situation von LeitarbeitnehmerInnen in Braunschweig

Ortwin Paluch, katholischer Arbeitnehmerseelsorger

Garnet Alps, DGB Jugendbildungsreferentin

Eine Stichprobe in 21 Betrieben im Bereich der IG Metall Verwaltungsstelle Braunschweig ergab, dass es in 17 dieser Betriebe Leiharbeit gibt und dass von den 490 LeiharbeitnehmerInnen knapp die Hälfte für mehr als zwölf Monate im entleihenden Betrieb arbeitet.

Im Rahmen der Kampagne "Gleiche Arbeit – Gleiches Geld. Leiharbeit fair gestalten" macht der Info-Truck der IG Metall heute Station auf dem ECE-Vorplatz. Braunschweig ist die erste Stadt in Niedersachsen, in der der bundesweit tourende Truck hält.

Kunkel erklärt weiter: "Leiharbeit bedroht bzw. ersetzt reguläre Arbeitsplätze. Die zum Teil sehr lange Einsatzdauer der LeiharbeitnehmerInnen belegt, dass durch Leiharbeit nicht nur Auftragsspitzen ausgeglichen werden. Ziel der IG Metall-Kampagne "Gleiche Arbeit – Gleiches Geld. Leiharbeit fair gestalten" ist es deshalb, mit den Verleihfirmen Vereinbarungen abzuschließen, die gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit sicherstellen. Damit können wir die Verdrängung der Stammbelegschaften stoppen und den Leihbeschäftigten ein vernünftiges Einkommen ermöglichen."

Ein Betrieb mit Leiharbeitskräften ist die Braunschweiger Flammenfilter GmbH. Die Situation dort beschreibt Michael Cordes, Betriebsratsvorsitzender, wie folgt: "Bei uns standen die fest Beschäftigten und die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer Seite an Seite. Alle machten die gleiche Arbeit, die Entlohnung sowie die sonstigen Beschäftigungsbedingungen waren jedoch völlig verschieden. Daraus ha¬ben wir Konsequenzen gezogen und zusammen mit der IG Metall Regelungen durchgesetzt: LeiharbeitnehmerInnen werden, solange sie bei uns im Betrieb eingesetzt werden, zu den gleichen Bedingungen und mit der gleichen Entlohnung wie die Stammbelegschaft beschäftigt. Diese neuen Regeln sind seit Februar 2008 in Kraft. Und: Sofern bei uns im Betrieb neue, feste Arbeitsplätze geschaffen werden, sollen diese an die Kolleginnen und Kollegen gehen, die bei uns als Leiharbeitskräfte arbeiten."
 

<link>Zur Bildergalerie von der Leiharbeits-Aktion am 23.06.2008 auf dem ECE-Vorplatz.

 

 

Hintergrundinformationen:

Bundesweit sind fast eine Million Menschen von Leiharbeit betroffen, davon allein 260.000 in der Metall- und Elektroindustrie. Zunehmend werden die Stammbelegschaften mit den schlechteren Konditionen der Leihbeschäftigten unter Druck gesetzt.

Beschäftigte in Leiharbeit verdienen durchschnittlich etwa 20 bis 40 Prozent weniger als ihre Kollegen in Festanstellung. Hinzu kommen noch ganz andere Nachteile dieser speziellen Beschäftigungsform:

  • Leiharbeitskräfte sind von Prämienregelungen ausgeschlossen.
  • Integration am Arbeitsplatz findet kaum statt. Familienleben und soziale Kontakte leiden durch dem ständigen Wechsel der Arbeitsorte.
  • Leiharbeitskräfte unterliegen einem erhöhten Unfallrisiko, da sie häufig nur unzureichend in Bezug auf den Arbeitsschutz geschult werden.
  • Weiterbildungsmaßnahmen sind in der Leiharbeit bislang selten.
  • Vom Zugang zu Betriebsrentensystemen sind Leiharbeitskräfte ausgeschlossen und ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung fallen niedrig aus.
  • Die Solidarität in der Belegschaft leidet und die Standards der Stammbeschäftigten geraten ebenfalls unter Druck.
  • Leiharbeit ersetzt zunehmend reguläre Arbeitsplätze und etabliert einen dauerhaften Niedriglohnsektor in deutschen Unternehmen.

Die Position der IG Metall:

Die Politik und der Gesetzgeber können die Bedingungen in der Leiharbeit entscheidend verbessern. Deshalb machen wir gemeinsam Druck für faire Standards in der Leiharbeit.

Gleiche Arbeit – Gleiches Geld: Eine gleiche Entlohnung sorgt für Fairness und Gerechtigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
 
Mindestlohn für Leiharbeit: Die Gewerkschaften sind bemüht die Tarifsituation durch einen Mindestlohn-Tarifvertrag zu verbessern. Wir fordern von der Politik eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf die Leiharbeit, um einen angemessenen Mindestlohn verhandeln zu können.
Teil der Deregulierung aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz entfernen: Im Zuge der Deregulierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes können Leiharbeitskräfte unbefristet verliehen werden, auch über Jahre. So ist dem systematischen und dauerhaften Ersatz der Festangestellten durch Leiharbeitskräfte Tür und Tor geöffnet. Deshalb sollten Leiharbeitskräfte nur befristet eingesetzt werden können.

Streichung der Tariföffnungsklausel: Die Tariföffnungsklausel muss aus dem Gleichstellungsgrundsatz, der Leiharbeitskräften gleiche Bedingungen wie Festangestellten zusichert, gestrichen werden. So können auch die arbeitgeberfreundlichen Tarifverträge, die erst mit dieser Klausel möglich wurden, unterbunden werden. Wir fordern mindestens eine Regelung, die den Gleichstellungsgrundsatz über einen gewissen Zeitraum zur Pflicht macht.

Gesetzlicher Anspruch auf Festanstellung: Ein gesetzlicher Anspruch auf Festanstellung ist eine alternative Perspektive für Beschäftige in Leiharbeit. Nach einer gewissen Zeit der Tätigkeit in einem Entleihunternehmen müssen die Arbeitgeber die Leiharbeitskraft fest anstellen. Diese Alternative birgt jedoch das Risiko, dass die Entleihbetriebe dem Beschäftigten kurz vor Ablauf der Frist kündigen.

Vorrecht auf die Besetzung freier Arbeitsplätze:
Eine weitere Alternative kann ein Vorrecht des Beschäftigten in Leiharbeit auf zu besetzende Stellen innerhalb des Entleihbetriebes sein.

 

Von: pw/dud

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