Erste Präsenzsitzung des Ortsvorstandes der IG Metall Braunschweig

03.07.2020 | Der Ortsvorstand der IG Metall Braunschweig traf sich im Juni das erste Mal nach der Lockdown-Phase wieder persönlich. Dabei wurden die geltenden Hygiene- und Abstandsgebote in geschlossenen Räumen mit besonderer Aufmerksamkeit eingehalten.

Thilo Kondermann

Bayram-Barican Akpinar

Sophie Guillouet

Victoria Kolczak

Uwe Fritsch

Bei seiner Sitzung am 19. Juni beschäftigte sich der Ortsvorstand damit, wie sich die Covid-19 Pandemie auf die lokale Wirtschaft und Beschäftigungssituation auswirkt. Aktuell war auch das Konjunkturpaket der Bundesregierung und es folgte eine Debatte über dessen Auswirkungen auf die Unternehmen und Branchen der Region. Ob dieses einen Beitrag zur Beschäftigungssicherung leisten kann, wurde teilweise auch kontrovers diskutiert. Weiterführend wurde beraten, welche Schutzmaßnahmen in den jeweiligen Betrieben zur Anwendung kamen, und welche Maßnahmen auch "best-practise"- Vorbilder für andere sein könnten.

Außerdem wurde die Herausforderung betrachtet, wie Interessensvertretungen und Gewerkschaften auch in Zeiten von Schutzmaßnahmen und Abstandsgeboten weiterhin den engen Kontakt zu den Beschäftigten halten können, um die betriebliche Mitbestimmung effektiv gestalten zu können.

Hier schildern Ortsvorstandsmitglieder, wie sie die Veränderungen wahrgenommen haben und welche Szenarien sich ihrer Ansicht nach künftig auftun:

Thilo Kondermann, W. Schimmel Pianofortefabrik: "Die Situation auf dem Klaviermarkt war bis dato ohnehin sehr angespannt. Dementsprechend hat uns die Corona-Pandemie zu einem gänzlich schlechten Zeitpunkt getroffen. Direkt im März konnten wir gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine passende Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit abschließen. Mithilfe dieser konnten Entlassungen vermieden werden. Wir haben die Vereinbarung direkt bis zum Ende des Jahres ausgelegt. Das liegt daran, dass wir mit Klavieren ja mehr oder weniger ein Luxusprodukt herstellen. Der Absatz solcher steigt vermutlich erst wieder mit dem Ende der Krise. Wir bei Schimmel wären natürlich auch sehr glücklich, wenn die Kurzarbeit, von durchschnittlich 50%, bereits im Herbst reduziert würde. Wie sich die nächsten Wochen und Monate entwickeln bleibt jedoch abzuwarten. Bei unseren Kollegen und Kolleginnen herrscht zwar vielfach Sorge, andererseits ist unsere Belegschaft aber auch erfahren im Umgang mit Herausforderungen, welche wir in der Vergangenheit bereits meistern konnten. Wir bleiben also Hoffnungsvoll und glauben auch an eine gute Zukunft für unser Handwerk."

Bayram-Barican Akpinar, VW Braunschweig, Ausschuss Logistik: "Beschäftigte mit Zeitverträgen oder Befristungen sind in Krisenzeiten auch immer die am gefährdetsten. Bei uns sind etwas mehr als 110 Beschäftigte mit Werkverträgen und etwa 70 Leihbeschäftigte tätig, von denen bereits im letzten Monat 20 Verträge ausliefen. Wir setzen uns für die Kolleginnen und Kollegen ein und versuchen Verbesserungen für sie zu erreichen. Beispielsweise um Kurzarbeit auch für Leihbeschäftigte zu ermöglichen. Denn sonst würde die Gefahr bestehen, dass sie ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen verlieren."

Sophie Guillouet, Braunschweiger Flammenfilter GmbH: "Bei Flammenfilter hatten wir bisher eine sehr erfreuliche wirtschaftliche Ausgangslage. Diese hat ihren Teil dazu beigetragen, dass wir noch nicht in Kurzarbeit gehen mussten. Allerdings müssen auch wir auf Sicht fahren und schauen, was der Herbst mit sich bringt. Ein großer Teil unserer Angestellten befindet sich derzeit im Homeoffice. Dadurch konnten wir die Sicherheits- und Hygiene Bestimmungen in den Büroräumen einhalten. Als Vorsitzende eines Betriebsrates habe ich Pandemie bedingt eine ganze Reihe an zusätzlicher Aufgaben erfüllen müssen. Neben der Vertretung der Beschäftigten-Interessen kamen nun auch zusätzlich die Sicherstellung der Gesundheitsschutzmaßnahmen unserer Kolleginnen und Kollegen dem Alltagsgeschäft hinzu. Für mich war diese Zeit besonders Intensiv und die Erarbeitung guter Regelungen im Sinne der Mitarbeitenden mit dem Arbeitgeber war mein oberstes Ziel. Hinzu kam für mich die Zeit im Homeoffice, bei welcher ich mich als Mutter auch um meine kleine Tochter gekümmert habe. Diese musste, wie viele andere Kinder auch, coronabedingt zuhause bleiben. Die Balance zwischen Arbeit, Ehrenamt und Familie war eine der größten Herausforderungen der vergangenen Wochen. Bei uns im Unternehmen waren von diesen Umständen viele Kolleginnen und Kollegen betroffen und ich bin froh, dass wir bisher gut durch die Pandemie kamen und Kindergärten und Schulen wieder öffneten."

Victoria Kolczak, VW Braunschweig, Jugend- und Auszubildenden Vertretung (JAV): "In der Phase des Lockdowns sind bei uns die Auszubildenden aufgeteilt worden in Schichtbetrieb und Homeoffice, um auch beim Ausbilden Sicherheitsabstände zu gewährleisten. Beim „Homeoffice“ bekommen die Kolleginnen und Kollegen Aufgaben von den Ausbilder*innen gestellt, welche diese dann zuhause bearbeiten müssen. Seit einigen Wochen arbeiten wir seitens der Jugend- und Auszubildendenvertretung wieder engagiert daran, wie wir den Kontakt zu den Azubis halten können, und wie auch wir als JAV unsere Gremienarbeit in diesen Zeiten weiterführen können. Um unsere Jugend auf den neusten Stand zu bringen, u.a. auch über aktuelle Entwicklungen im Betrieb und um sich einfach auch mal wieder auszutauschen, setzen wir inzwischen auch verstärkt auf digitale Medien."

Uwe Fritsch, VW Braunschweig, Betriebsratsvorsitzender: "Ab Freitag dem 13. März war bei uns klar, wir müssen den Betrieb runterfahren. Für den Wiederanlauf hatte für uns als Betriebsrat oberste Priorität, dass die Arbeitsplätze so anzupassen, dass für die Kolleginnen und Kollegen möglichst kein Infektionsrisiko besteht. Dazu haben wir als Gesamtbetriebsrat eine weitreichende Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Auf dieser Grundlage wurden alle Arbeitsplätze begutachtet und so hergerichtet, dass diese den Hygiene-Schutzbestimmungen entsprechen. So konnten wir größtmögliche Sicherheit für die Beschäftigten erreichen. Unser Konzept und unsere Regelung hat sich bewährt. In einer weiteren Betriebsvereinbarung haben wir das Thema Kurzarbeit so geregelt, dass wir eine Aufzahlung durchsetzen konnten. Die soziale Sicherheit für unsere Kolleginnen und Kollegen ist uns als Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern absolut wichtig. In den letzten 30 Jahren meiner Zeit bei Volkswagen, kann ich mich nicht daran erinnern, dass wir jemals eine solch lange Zeit der Kurzarbeit hatten. Durch diese lange Phase zuhause, hat sich gezeigt, dass für viele Mitarbeitenden Arbeit mehr ist als „nur“ Geld verdienen. Der Austausch mit Freunden und Kolleginnen und Kollegen ist für viele ein wichtiger Teil des sozialen Umfeldes. Für die Meisten bedeutete Kurzarbeit nicht einfach mehr Freizeit. Die Einschränkungen des Shut-Downs hat allen einiges abverlangt. Wir haben festgestellt, dass Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit des Mobilen Arbeitens wertgeschätzt haben. Diese Arbeitsform werden wir in Zukunft im Sinne der Beschäftigten weiter gestalten. Eine der größten Herausforderungen für uns in den kommenden Wochen wird es sein, wie wir wieder in den persönlichen Austausch und den Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen kommen. Die Arbeit der Interessenvertretung hängt sehr stark am persönlichen und direkten Kontakt. Auch die Frage der Durchführung einer Betriebsversammlung unter Einhaltung der Hygiene-Vorschriften und der Abstandsregelungen beschäftigt uns derzeit."

(Autor: Raimund Meß)

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