BHW: Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen

06.07.2021 | Nach zähen und langwierigen Verhandlungen wurde bei BHW ein Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen. Die Verhandlungen mit Vertretern des Gesellschafters MIBA und der Geschäftsführung in Braunschweig liefen seit Anfang März 2021.

Martin Grun, Betriebsratsvorsitzender BHW (Foto: Peter Frank, d&d)

Die im Februar 2021 verkündete Schließung des Traditionsstandortes BHW hatten IG Metall und Belegschaft nicht kampflos hingenommen. Neben vielen Solidaritätsbekundungen seitens der lokalen Politik und vielen Belegschaften aus anderen Betrieben der Region hatten IG Metall und Betriebsrat ein eigenes Konzept zum Standortenthalt mit umfassender Beschäftigungssicherung vorgelegt. „Unser Konzept ging angesichts rückläufiger Aufträge der vergangenen Jahre von einem reduzierten Fertigungsvolumen aus“, erläutert Eva Stassek, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Braunschweig. „Selbst mit diesem hätte es die Möglichkeit gegeben, den Betrieb auf einem geringeren Umsatz-Niveau jedoch nachhaltig wirtschaftlich fortzuführen.“ Die damit zu erzielende Marge von fünf bis sechs Prozent war dem Gesellschafter – der Miba – aber nicht genug. Von Anfang an schien klar, dass der Mutterkonzern kein Interesse an einer Aufrechterhaltung des Standortes Braunschweig hatte. 

Nach langwierigen Verhandlungen, die sich aufgrund der unternehmensrechtlichen Konstellation und wirtschaftlichen Situation des hiesigen Betriebes schwierig und zäh gestalteten, wurde Ende Juni ein Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen.  

Die Details: Ende August 2021 verlassen ca. 200 Beschäftigte als erste das Unternehmen. Die Kolleginnen und Kollegen haben die Möglichkeit zum Übertritt in eine Transfergesellschaft, die unterschiedlich lang ist (doppelte Kündigungsfrist) und für maximal zwölf Monate vereinbart wurde. Dadurch gewinnen die Beschäftigten mehr Zeit, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. Außerdem eröffnet sie die Möglichkeit Qualifizierungen zu erhalten sowie Unterstützung bei der Jobsuche. Ende Mai 2022 werden die restlichen ca. 70 Beschäftigten das Unternehmen verlassen. Auch für diese besteht die Möglichkeit in die Transfergesellschaft zu wechseln – wenn sie bis dahin während ihrer Kündigungsfrist keinen anderen Arbeitsplatz gefunden haben. Die Abfindungen sind gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit, orientieren sich am bisherigen Einkommen und beinhalten auch soziale Zuschüsse. Ein großer Teil der Beschäftigten hat Anspruch auf eine Abfindung zwischen 30.000 und 50.000 Euro. 

Die Belegschaft ist tief enttäuscht über das Vorgehen der Muttergesellschaft und die Vorgehensweise im Zuge der Übernahme, insbesondere aber über das Vorgehen bei der Betriebsschließung. Martin Grun, Betriebsratsvorsitzender von BHW, ist nach wie vor verärgert über das Vorgehen der Miba: Bei der Übernahme begrüßte man uns noch freundlich in der großen Miba-Familie. Kurze Zeit später präsentierte man uns die Schließungspläne. So geht man einfach nicht mit Menschen um!“ 

Die Erklärung der Miba: Ihnen waren in Österreich Aufträge im Automotive-Bereich durch die Umstellung auf die Elektromobilität weggebrochen. Deshalb sollen die dadurch freigewordenen Kapazitäten in der Fertigung am Hauptstandort Laakirchen zukünftig für die Gleitlagerproduktion genutzt werden – die dazu aus Braunschweig abgezogen wird. „Damit ist BHW dem Wandel in der Autoindustrie zum Opfer gefallen, ohne selbst in diesem Bereich tätig zu sein“, stellt Stassek fest. „Das ist eine Gefahr, auf die wir in Zukunft auch in anderen Betrieben verstärkt achten müssen.“

Martin Grun ergänzt: „Gerade in einer Situation, in der jede Vertrauensbasis abhandengekommen ist, braucht ein Betriebsrat die rechtlichen Befugnisse, das Bestmögliche für die Kolleginnen und Kollegen zu erreichen. Wenn wir über einen Sozialplan verhandeln müssen, ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Wir müssen deutlich früher ansetzen können und die rechtlichen Möglichkeiten dazu haben“, macht er deutlich. „Wir brauchen endlich Mitbestimmungsmöglichkeiten in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Ohne diese sind wir immer nur auf den guten Willen der Arbeitgeber angewiesen – selbst dann, wenn wir gute, tragfähige Zukunftskonzepte vorlegen.“

Auch wenn der Kampf um BHW in Braunschweig nicht gewonnen werden konnte, ist die Auseinandersetzung noch nicht beendet. Die Überprüfung der fragwürdigen Ministererlaubnis zur Übernahme von BHW durch die Miba ist nicht abgeschlossen. „Dass darin keine bindenden Vorgaben zur Standort- und Beschäftigungssicherung gemacht wurden, ist und bleibt ein Skandal!“, so Stassek. „Wir werden der Sache weiter nachgehen. Ein solcher Vorgang darf sich nicht wiederholen.“

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