IG Metall und Betriebsrat vereinbaren ein Zukunftspaket für die Pianofortefabrik Schimmel.

Schimmel kehrt in den Flächentarif zurück

24.05.2017 | Seit dem 1. März 2017 bekommen die Beschäftigten bei Schimmel in Braunschweig im ersten Schritt wieder 88 Prozent des Flächentarifvertrags bezahlt.

Warnstreik bei Schimmel in Braunschweig am 28. März 2017: 120 Beschäftigte haben Flagge gezeigt. Foto: Christoph Steinert

"Das waren teilweise mehrere Hundert Euro auf einen Schlag mehr", berichtet Betriebsratsvorsitzender Thilo Kondermann, 57. Im Juli kommt die aktuelle Tariferhöhung hinzu. 2019 ist der Flächentarif wieder voll gültig. Kondermann: "Vor Freude haben die Beschäftigten aus einer Abteilung die Tarifkommission zum Frühstück eingeladen."

 

16 Jahre haben die Klavierexperten immer wieder verzichtet und rund 20 Millionen Euro in ihre Arbeitsplätze investiert. Nicht mit einberechnet unentgeltliche Arbeitszeit und der spätere Rentenverlust. "Jetzt war das Ende der Fahnenstange erreicht", so Kondermann. Die 142 Beschäftigten forderten von  dem neuen Eigentümer die Rückkehr in den Flächentarif und eine Perspektive. "Diese Solidarität hat den Abschluss der Standort- und Beschäftigungssicherung am 28. März maßgeblich vorangetrieben", sagt Betriebsbetreuer David Rösler von der IG Metall.

 

Nach einer Insolvenz 2009 hatte der chinesische Staatskonzern Pearl River 2016 die Pianofabrik für rund 24 Millionen Euro gekauft. Der Klavierhersteller fertigt rund 130000 Instrumente jährlich in China und will mit Schimmel ein neues hochpreisiges Marktsegment erobern. Die Braunschweiger bauen 125 Instrumente pro Monat.

 

"Die drei Verhandlungen waren schwierig", so Michael Cordes von der IG Metall Braunschweig. Die neue Geschäftsführerin Xiejun Wang hätte aber sehr kompetent und souverän mit Unterstützung einer von der IG Metall engagierten Dolmetscherin an dem Kompromiss mitgewirkt. Rösler: "Der Abschluss ist ein klares Bekenntnis zur deutschen Mitbestimmung und wurde auf der Mitgliederversammlung am 6. April einstimmig angenommen." Das Unternehmen will im Arbeitgeberverband bleiben und über fünf Millionen Euro in den Standort investieren. "Bis 2022 sind zudem betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen", ergänzt Kondermann.

 

ZUKUNFTSPAKET

Standort- und Beschäftigungssicherung bis 2022

  • Flächentarif: In drei Stufen werden die Einkommen in den Flächentarifvertrag der Holz- und Kunststoffindustrie zurückgeführt. Jeweils zum 1. April steigen die Löhne und Gehälter 2017 auf 88 Prozent, 2018 auf 94 Prozent und 2019 auf 100 Prozent der Fläche.
  • Kündigungsschutz: Während der Laufzeit des Tarifvertrags zur Standort- und Beschäftigungssicherung vom 1. März 2017 bis zum 28. Februar 2022 dürfen keine betriebsbedingten Kündigungen erfolgen.
  • Sonderzahlungen: Ab dem 1. Januar 2020 werden das Weihnachts- und Urlaubsgeld wieder gezahlt und in drei Stufen bis 2022 angehoben. Auszubildende erhalten prozentual zur Ausbildungsvergütung in drei Stufen ein zusätzliches Urlaubsgeld.
  • Investitionszusage: Während der Laufzeit des Tarifvertrags investiert der chinesische Mehrheitsgesellschafter über fünf Millionen Euro in den Standort.
  • Mehrheitsgesellschafter: Seit dem 13. Mai 2016 gehört die Schimmel Pianofortefabrik in Braunschweig zu 90 Prozent dem chinesischen Staatskonzern Pearl River Group. 10 Prozent verbleiben der Familie Schimmel. Das Unternehmen verpflichtet sich, im Arbeitgeberverband mindestens bis 2022 zu bleiben.

Von: pw/dud

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