Delegiertenversammlung der IG Metall Braunschweig am 16.06.2009

"Gutes Leben" gerade auch in Zeiten der Krise

17.06.2009 | "Es ist das große Verdienst der IG Metall, dass die derzeitige Krise auf dem Arbeitmarkt noch nicht zu verheerenden Auswirkungen geführt hat. Das Instrument der Kurzarbeit, für dessen Ausweitung wir unser politisches Gewicht in die Waagschale geworfen haben, hat das Schlimmste verhindert. Und gerade in unserer Region spüren wir die positive Wirkung der Umweltprämie für das Abwracken alter Autos", stellte Detlef Kunkel, erster Bevollmächtigter der IG Metall Braunschweig, klar. Auch der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen in Tarifverträgen verhindere, dass die Arbeitslosigkeit sprunghaft ansteigt.

Dierk Hirschel, Chefökonom des DGB, sprach über die Krise

Neu in den OV gewählt: Simone Mahler (Mitte), zusammen mit Detlef Kunkel und Eva Stassek

Diese Erfolge werden die Metallerinnen und Metaller noch stärker in den Vordergrund stellen und damit inhaltlich in die Offensive gehen, um die eigenen Forderungen und Vorschläge zur Krisenbewältigung auf die Agenda zu setzen, kündigte Kunkel an. In diesen Zusammenhang stellte er auch die Kampagne "Gemeinsam für ein gutes Leben". An der dazu laufenden Umfrage haben sich in Braunschweig bislang rund 4000 Menschen beteiligt. Die lokalen wie auch die bundesweiten Ergebnisse der Umfrage werden am 3. Juli präsentiert, am 18. August macht dann der Kampagnen-Truck in Braunschweig Station.

Angesichts der Krise stelle sich auch die Frage der Mitgliederentwicklung, so Kunkel. Diese Frage müsse zentraler Punkt gewerkschaftlicher Arbeit sein. "Die IG Metall ist keine abstrakte Organisation fernab der Lebenssituation der Menschen, sondern sie hat Namen und Gesichter. Die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben sind unser Aushängeschild, nirgends gelingt Mitgliederwerbung besser als dort", lobte der erste Bevollmächtigte.

Eva Stassek, zweite Bevollmächtigte, ergänzte hinsichtlich der Mitgliederentwicklung: "Unsere Mitgliederzahlen im Angestelltenbereich entwickeln sich sehr positiv. Gerade bei der VW FS AG sowie Siemens I MO sind wir auf einem guten Weg."

Neu im Ortsvorstand: Simone Mahler

Die Delegierten wählten mit großer Mehrheit Simone Mahler in den Ortsvorstand. Mahler ist Betriebsrätin bei der VW FS AG sowie Arbeitnehmervertreterin im Aufsichtsrat. Sie ersetzt Sabine Ferken, die aus dem Ortsvorstand ausgeschieden ist.

"Das Schlimmste wäre, wenn der Staat anfinge, hinter der Krise hinterher zu sparen"

Als Gastreferent sprach Dierk Hirschel, DGB-Chefökonom, über die "Anatomie einer Krise", die Ursachen der schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren und den Herausforderungen, auf diese Krise zu reagieren. "Wir haben es mit der Vermischung einer Banken- und Wirtschaftskrise sowie strukturellen Umbrüchen der Industrie zu tun", erklärte Hirschel. Aufgrund der Exportorientierung sei Deutschland besonders stark betroffen.


"Das Schlimmste wäre, wenn der Staat anfinge, hinter der Krise hinterher zu sparen und sich in die Deflationsspirale einreihte", warnte der Ökonom. Stattdessen müsse eine Damm gegen die Deflationsgefahr erreichtet werden. Dazu müssten gesetzliche Mindestlöhne her, um Lohnrückgänge zu verhindern, und mittels Konjunkturprogrammen müsse die Nachfragelücke geschlossen werden. Dass dies über Schulden finanziert werde, sei unumgänglich. Entscheidend sei, wie anschließend mit diesen Schulden umgegangen werden. Dies sei keine Generationenfrage, sondern eine Verteilungsfrage. Dierk Hirschel: "Die Schulden des Einen oder des Staates sind immer auch das Vermögen eines Anderen." Mit Hilfe der Wiedereinführung der Vermögenssteuer und der Anhebung des Spitzensteuersatzes müsse endlich die Umverteilung von unten nach oben gestoppt werden und könnten die Kosten der Krise bewältigt werden.

In Bezug auf den Arbeitsmarkt unterstrich Hirschel die Erfolge der IG Metall in Sachen Kurzarbeit. Zudem komme es darauf an, zu qualifizieren statt zu entlassen, und darauf, jungen ArbeitnehmerInnen nicht den Weg in den Beruf zu versperren. Dafür seinen eine geregelte Alterteilzeit und die Rücknahme der Rente mit 67 nötig. Mittel- und langfristig sei es aber auch notwendig, von der einseitigen Exportorientierung los zu kommen und die Industrie insgesamt ökologisch umzubauen.

Von: pw/dud

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